Inhalt:Diese Serie berichtet von Menschen der Jahrgänge 1953 -1955, die in der DDR geboren wurden, hier aufwuchsen und in der Mitte ihres Lebens Bürger der Bundesrepublik Deutschland wurden.
In Golzow, einer kleinen Gemeinde nahe der polnischen Grenze, hatte man eine neue, zentrale Schule für die Gemeinden der Gegend gebaut. Sie machte es möglich, nun auch auf dem Lande zehn Jahre zu lernen. Die Zwergschulen sollten ausgedient haben. Auch und gerade in einer Landschaft wie dem Oderbruch, über das 1945 verheerend der Krieg gekommen war, der Dörfer, Felder und Fluren verwüstete. Die junge Generation sollte sich bilden können. Um aus den Erfahrungen der Älteren zu lernen. Auch um in eine "lichte" sozialistische Zukunft zu wachsen.
Die künftigen ABC-Schützen saßen bereits als Gruppe im Buddelkasten des Kindergartens, gleich gegenüber der Schule. Für das Filmen der ersten Unterrichtsstunden mit "versteckter Kamera" gab es gute Möglichkeiten: Die 1. Klasse lag im Erdgeschoss, und so bauten die Filmemacher ihre Kameras draußen vor den Fenstern auf, so fing alles an. Bald schon gehörten sie mit dazu, wenn Schule war. Um einen solchen Film miteinander zu machen, mussten sie Freunde werden. Und so ist es bis heute geblieben.
In Erinnerung bleibt nicht die Zeit, sondern der Mensch, der die Zeit auf seinen sterblichen Schultern trug (lettisches Dichterwort). Über das Kino gewannen sich die Golzower in der ehemaligen DDR in drei Jahrzehnten ein Publikum, über das Fernsehen Zuschauer auch in der Bundesrepublik und den deutschsprachigen Ländern Europas. Und jeder neue Film, der es versteht, die historische Dimension des Unternehmens verständlich zu machen, gewinnt sich zugleich auch ein neues Publikum. Das alte, welches mit dem Leben der Golzower vertraut ist und die eigene Biographie damit in Beziehung setzt, fragt nach dem Fortgang der Lebensgeschichten der Zeitgenossen. Denn wenn etwas weiterhin interessant und als zeitgeschichtliches Dokument wie Experiment bedeutsam ist, so ist es die Lebensgeschichte des einzelnen Deutschen, der ein Durchschnittsbürger ist, einer von Millionen.
Nach zusammenfassenden Filmen über die Gruppe, den Ort, Land- und Landwirtschaft, die Golzower Zeitgeschichte und die Werkstatt der Chronik wird der Blick auf den Abschluss dieses "Lebenswerks" ausschließlich weiter auf Geschichte und Porträt des einzelnen Helden konzentriert. Dieser Blickwinkel stand in der DDR oft genug im Gegensatz zum offiziellen und war auch immer beargwöhnt; Der einzelne Mensch hatte in den Medien nun einmal als Beispiel für ein erfolgreich umgesetztes Gesellschaftsmodell zu dienen und war nur in dem Maße, wie er das schaffte, von publizistischem Wert. Von der Persönlichkeit auszugehen und über die Umstände nachzudenken, die sie prägten, setzte nur unbequeme Fragezeichen.
Dennoch wagte man nicht, das Unabweisbare des Dokuments zu bestreiten, da man erlaubt hatte, dem Leben vor der Kamera seinen Lauf zu lassen. In der Hoffnung, dass die Dinge doch noch einen einigermaßen akzeptablen oder gar wünschenswerten Verlauf nehmen würden, und in der Gewissheit, dass es die Zensur am Ende in der Hand hatte zu bestimmen, was von all dem Gedrehten auch veröffentlicht werden konnte, ermöglichte man dem Team schließlich die Fortsetzung des Projekts über "Lebensläufe" (1980) hinaus - mit der Auflage, zum 50. Jahrestag der DDR 1999 einen abschließenden Einzelfilm zu gestalten...
Mit einem solchen Film, der mehr weglassen musste, als er zeigen konnte, waren mit Sicherheit keine Probleme verbunden. Über dieses Ziel kam das Projekt schließlich hinaus.
Die weiteren Aufnahmen zeigen, wonach der Zuschauer fragt: Wie es dem einzelnen Golzower, dessen Lebenschronisten das Filmteam über eine so lange Zeit waren, im soundsovielten Jahr der deutschen Wiedervereinigung geht, wie er denkt und was sich in seinem Leben und Denken verändert hat. Damit relativiert sich der Blick zurück und nimmt dem Thema "DDR", das im Material zeitgeschichtlich Übergewicht hat, notwendigerweise einiges von seiner Dominanz und möglichen "Ostalgie". Regie:Barbara Junge, Winfried Junge Buch:Barbara Junge, Winfried Junge, Karl Gass Musik:Gerhard Rosenfeld Vergleiche: |